Das Mikrofon positionieren und einrichten

Was ist eigentlich ein "guter Ton" bei Videos und Filmen?

Einen besonders guten Ton erkennt man paradoxerweise meist daran, dass man ihn gar nicht als besonders wahrnimmt. Das heißt, die Stimmen, die Umgebungsgeräusche und gegebenenfalls die Soundeffekte sollten so klingen, als wäre man live vor Ort. Durch Geräusche übertragen sich viele Emotionen – aber nur dann, wenn sie absolut echt klingen. So kann ein guter Ton den Zuschauer tiefer ins Geschehen hineinziehen, ihn fesseln und vergessen lassen, dass er nur auf einen Bildschirm schaut. Eine schlechte Tonqualität dagegen erinnert stets daran, dass das Gesehene nicht echt ist.

DSLR Kamera mit Rode Richtmikrofon darauf

Sie lenkt somit von der Handlung bzw. dem Geschehen ab. Das kann frustrieren und den Zuschauer zum Abschalten bewegen. Was man bei der Anschaffung eines Mikrofons bedenken sollte, wurde bereits hier zusammengefasst. In diesem Artikel werden die wichtigsten Punkte beschrieben, die es als Videograf bei der Tonaufnahme zu bedenken gibt. Insbesondere wird erklärt, wie man ein Mikrofon positionieren und einrichten sollte. Am Ende des Artikels werden auch die Grundlagen der Bearbeitung des Tons und des Sounddesigns erläutert.

Single-System oder Dual-System?

Single-System-Tonaufnahme

Single-System bedeutet, dass man ein Mikrofon verwendet, das direkt an die Kamera angeschlossen wird. Das heißt, Mikrofon und Kamera bilden ein System, und es wird kein zusätzliches Aufnahmegerät verwendet. Diese Variante hat den Vorteil, dass der Ton direkt synchron zum Bild aufgenommen wird und nicht später synchronisiert werden muss. Zudem spart man (z. B. auf Reisen) den Platz für ein weiteres Gerät. Single-System ist also eine einfache, wenig störungsanfällige Variante. Nicht alle Mikrofone lassen sich jedoch ohne Weiteres an eine DSLR- oder Systemkamera anschließen. Bei XLR-Mikrofonen ist dafür ein Adapter bzw. Pre-Amp erforderlich, der über einen solchen Anschluss verfügt und das Mikrofon ggf. mit Strom versorgt. Eine Tonaufnahme per Single-System ist die übliche Wahl von Solo-Videografen.

Ein weiterer Vorteil der Single-System-Aufnahme ist die einfache Handhabung, da man nur ein Gerät benötigt und somit weniger Aufwand bei der Technik hat. Allerdings ist die Flexibilität eingeschränkt, da das Mikrofon immer an die Kamera gebunden ist und nicht unabhängig positioniert werden kann, was in bestimmten Szenarien, wie bei Interviews oder in lauten Umgebungen, nachteilig sein kann. Zudem ist die Tonqualität oft von der Kamera abhängig, da viele Modelle nur einfache Vorverstärker besitzen, die Rauschen oder Klangverluste verursachen können.

Dual-System-Tonaufnahme

Bei einer Dual-System-Aufnahme nutzt man ein separates Aufnahmegerät für den Ton und benötigt dafür in der Regel eine zweite Person. Ein solches Aufnahmegerät bietet mehr Anschlussmöglichkeiten und damit mehr Flexibilität sowie (wenn es ein gutes Gerät ist) eine bessere Tonqualität als die Kamera. Da das Tonaufnahmegerät nicht an die Kamera gebunden ist, hat der Tontechniker bzw. die Tontechnikerin zudem mehr Bewegungsfreiheit. Diese Freiheit kann jedoch auch dazu führen, dass die Person genau in dem Moment, wenn der Kameramann etwas einfangen will, noch nicht in Position ist. Besonders bei Events kann dies also schnell zum Nachteil werden.

Es empfiehlt sich daher, auch beim Einsatz eines externen Aufnahmegeräts immer zusätzlich ein Ansteckmikrofon auf der Kamera zu montieren. So ist man abgesichert.

Ist man als Event-Videograf unterwegs, muss man sich besonders gut überlegen, für welche der beiden Lösungen man sich entscheidet. Je nach Event kann es sehr von Vorteil sein, wenn eine zweite Person ein separates Aufnahmegerät bedient. So z. B., wenn man Showelemente auf einer Bühne mit ausreichendem Abstand filmt, den Ton aber aus nächster Nähe aufnehmen möchte. In einem solchen Fall kann es sehr umständlich sein, ein Kabel durch die Zuschauer zu legen.

Wie positioniert man sich bzw. die Kamera mit dem Mikrofon richtig im Raum?

Bei der Aufnahme mit einem angeschlossenen Richtmikrofon ist die Blickrichtung der Kamera auch der Richtwinkel des Mikrofons. Als Videograf muss man also nicht nur hinsichtlich eines stimmigen Bildes seine Positionierung überdenken, sondern auch auf die Hintergrundgeräusche achten.

Besonders in Situationen, in denen sich der Fokus der Aufmerksamkeit schnell ändern kann, ist ein Vorausdenken wichtig. Ein Richtmikrofon auf der Kamera nimmt (bei nicht zu großem Abstand) die Sprecherstimmen gut auf, aber auch zusätzliche Atmosphärengeräusche im Hintergrund. Dies sollte man stets bedenken, um die Hintergrundgeräusche nicht zu laut aufzunehmen. Wenn die sprechende Person z. B. vor einer viel befahrenen Straße steht, sollte man darauf achten, die Kamera und das Richtmikrofon nach Möglichkeit nicht zur Straße hin auszurichten. Wenn man sich so positioniert, dass man von der Straße weg filmt, wird die Stimme deutlich klarer und verständlicher sein.

Dasselbe gilt für Interviewsituationen in Innenräumen. Als Kameramann kann man in dynamischen Situationen meist kaum Einfluss auf die Positionierung aller zu filmenden Personen nehmen. Man kann jedoch stets entscheiden, wie man sich selbst positioniert. Störende Geräuschquellen hinter einer sprechenden Person können in Innenräumen z. B. Haustiere, Klimaanlagen, Kühlschränke oder geöffnete Fenster sein. In solchen Fällen kann es helfen, diese Geräuschquellen zu identifizieren und gegebenenfalls umzustellen oder die Aufnahme zu einem anderen Zeitpunkt zu machen. Eine gezielte Positionierung des Mikrofons kann auch helfen, die störenden Geräusche zu minimieren. Dabei sollte man stets den Abstand und den Winkel zur sprechenden Person im Auge behalten.

Kamera mit Mikrofon auf einem Stativ in verschneiten Bergen aufgestellt

Das Mikrofon in Innenräumen richtig positionieren

Wie bereits erwähnt, sollte man bei der Ausrichtung des Mikrofons stets mögliche störende Hintergrundgeräusche bedenken. In Innenräumen ist zudem der mögliche Rückhall ein wichtiges Thema. Um zu testen, ob es an einem bestimmten Platz im Raum ein Echo gibt, sollte man einen Klatschtest durchführen. Eine Stelle, bei der man auf ein Klatschen ein deutliches Echo wahrnimmt, eignet sich nicht zur Positionierung des Interviewpartners. Lässt sich ein starkes Echo aufgrund der Raumakustik nicht vermeiden, kann man zur Abdämmung auch links und rechts z. B. einen Mikrofonständer aufstellen und eine Decke quer darüber ausbreiten. Decken (besonders dicke Wolldecken) absorbieren den Schall und steigern so die Klangqualität. Wenn keine Decken verfügbar sind, kann man auch Polster oder Textilien verwenden, um ähnliche akustische Effekte zu erzielen. Eine ruhige, gut gedämmte Umgebung sorgt insgesamt für eine wesentlich bessere Tonaufnahme.

Lavalier Mikrofon vor weißem Hintergrund

Lavalier-Mikrofon positionieren

Soll das Lavalier-Mikrofon versteckt werden, gibt es je nach Kleidung eine Menge Tricks. Man kann es z. B. mit einem Pflaster unter die Kleidung direkt am Körper befestigen. Bei einem Anzug ist auch eine Positionierung im Inneren des Krawattenknotens möglich. Dabei sollte es nach unten zeigen, damit der Ton nicht vom Krawattenknoten blockiert wird. Entscheidend bei der Anbringung eines Lavaliermikrofons am Körper oder an der Kleidung ist immer, dass das Outfit auch bei Bewegungen keine zu starken Geräusche erzeugt. Viele Jacken, besonders Lederjacken, erzeugen knarzende Geräusche und sind in diesem Fall oft sehr ungeeignet. Daher sollte der Ton nach dem Anbringen unbedingt immer ausführlich getestet werden. Zusätzlich hat man so auch einen einfachen Windschutz bei Außendrehs.

Um sicherzustellen, dass es bei Bewegungen keine Störgeräusche gibt, sollte man unbedingt einen ausgiebigen Soundcheck durchführen. Noise-Canceling-Kopfhörer eignen sich hierfür besonders gut, um Rausch- und Knackgeräusche besser zu erkennen. Auch das Anbringen von Windschutzüberzügen auf dem Mikrofon kann den Ton deutlich verbessern, besonders bei windigen Bedingungen. Falls das Mikrofon doch einmal sichtbar ist, sollte es mit einem Schaumstoffüberzug oder einem Fellwindschutz abgedeckt werden, um Windgeräusche zu minimieren. Das Lavalier-Mikrofon sollte nicht zu tief, sondern recht nahe am Mund positioniert werden, um die beste Tonqualität zu erzielen.

Zwei Frauen in einem Büro vor einer Kamera für ein Interview
Lavalier Mikrofon an grauer Jacke befestigt

Umgebung im Blick behalten, mögliche Störquellen erkennen

Neben der Überprüfung der aktuellen Umgebungsgeräusche sollte man auch überlegen, welche zukünftigen Geräusche während des Drehs auftauchen könnten. Dreht man z. B. in der Nähe eines Flughafens oder nahe Bahngleisen, sollte man besser die nächste Landung bzw. den nächsten vorbeifahrenden Zug abwarten. Telefone und Handys sollten ggf. lautlos gestellt oder abgeschaltet werden. Alle Störquellen, die man vor dem Dreh identifiziert und unschädlich macht, sparen später allen Beteiligten viel Zeit und Nerven, wenn der Film- oder Videodreh nicht deshalb mehrmals wiederholt werden muss.

Windgeräusche beim Mikrofon-Positionieren vermeiden

Bei Außendrehs sollte immer ein Windschutz bzw. die ´Dead Cat´ dabei sein. Hier ist besonders darauf zu achte, das dessen Haare nicht ins Bild stehen. Hat man mal keinen Windschutz zur Hand, kann man nur noch versuchen den Dreh in eine windstille Ecke zu verlegen oder sollte zumindest das Mikrophon in Windrichtung halten, nie gegen die Windrichtung.

Grundregel: Je näher desto besser

Wie eingangs beschrieben, kann die Tonqualität nur wirklich gut sein, wenn man nah an die Tonquelle herangeht. Eine Entfernung von 20 bis 40 Zentimetern ist optimal, um das Mikrofon zu positionieren. Man sollte bei jedem Dreh unbedingt Kopfhörer dabeihaben und die Aufnahmen durchgehend abhören. Genauso wie man das Gefilmte auf seinem Bildschirm überwacht, sollte auch der Ton kontinuierlich kontrolliert werden. Es passiert sonst schnell, dass Störgeräusche ins Spiel kommen, die man erst im Schnitt bemerkt. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden.

(Nachträgliches) Sound-Design: Nicht nur bei Spielfilmen immens wichtig

Wenn man auf einen natürlich klingenden Ton nicht den größten Fokus setzt bzw. nicht den Eindruck erwecken möchte, dass der Ton genau so vor Ort gewesen ist, kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen. Besonders bei einem eher künstlerischen als einem möglichst realistischen Ansatz in der Videografie kann man auch Sounds einsetzen, die das Gezeigte nicht unbedingt realistisch untermalen, aber dennoch dessen Wirkung verstärken. Der Sound eines Aufpralls von einem Gegenstand oder einer schnellen Geschwindigkeitsänderung wird z. B. häufig von einem Geräusch untermalt, das den visuellen Eindruck verstärkt.

In einem Spielfilm oder einem Dokumentarfilm sollte das Geräusch, wenn man es nachträglich einfügt, natürlich schon sehr realistisch wirken. In vielen anderen Videoclips mit einem geringeren Anspruch an den Realismus kann man aber experimentieren. Das Gehirn arbeitet stets daran, auch weniger authentisch klingende Geräusche direkt mit dem Gesehenen zu verbinden – zumindest dann, wenn die Bewegung des Bildes mit dem Geräusch zusammenpasst. Besonders wenn neben den Soundeffekten noch eine Hintergrundmusik im Spiel ist, wird der Mangel an Realismus durch ein volleres Klangbild bzw. einen Klangteppich ausgeglichen.

Eine sehr gute Erklärung der Grundlagen im Sounddesign findet ihr in diesem Video:

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Den Ton richtig einpegeln

Das Lautstärkenlevel muss anhand der Level-Anzeigen der Kamera bzw. des Aufnahmegeräts sowie per Kopfhörer überprüft werden. Es sollte immer zwischen -12 dB und -20 dB liegen. Einige Ratgeber empfehlen auch einen Bereich zwischen -6 dB und -12 dB. Wenn man den Ton auf dieses Level einpegelt, hat man jedoch kaum ‘Luft nach oben’. Wenn man das Aufnahmelevel festlegt, muss man bedenken, dass die interviewten Personen nicht durchgehend in der gleichen Lautstärke sprechen. Bei Aufregung oder Lachen kann die Lautstärke ordentlich nach oben schnellen. Ebenso bei bewegten Aufnahmen, denn hier ist es kaum möglich, das Mikrofon immer im gleichen Abstand zur Tonquelle zu positionieren. Es ist wichtig, dies zu bedenken und den Ton auch für solche Randbereiche passend einzupegeln.

Mit einem Einpegeln der „normalen“ Geräusche auf maximal -12 dB wird man auch diese lauten Ausreißer noch aufnehmen können, ohne direkt eine starke Übersteuerung zu haben. Bei lauteren Aufnahmen kommt es zu Verzerrungen, die sich im Nachhinein schwer oder gar nicht mehr reparieren lassen. Stellt man das Audiolevel jedoch zu niedrig ein, erhält man einen schlechten, rauschenden Ton.

Den Ton synchronisieren

Wenn man mit mehreren Mikrofonen filmt, muss der Ton später synchronisiert werden. Dafür hilft es, zu Beginn eines jeden Takes einmal kurz zu klatschen. Am besten klatscht man jeweils einmal für die Anzahl des Takes, damit bei den Tonspuren keine Verwechslungsgefahr aufkommt. Die meisten Schnittprogramme bieten jedoch auch eine automatische Synchronisierungsfunktion.

Bei Adobe Premiere Pro wählt man zum Beispiel zwei Tonspuren aus und sucht im Menü (das sich mit der rechten Maustaste öffnet) den Punkt: „Synchronisieren“. Das Programm ordnet die Spuren dann automatisch synchron an, was sehr viel Arbeit sparen kann. Ebenfalls bietet Premiere Pro sehr gute Sound-Nachbearbeitungstools wie den Parametric Equalizer. Damit lassen sich bestimmte Frequenzen verstärken oder absenken und das Klangbild deutlich verbessern. Hat man z. B. Störgeräusche in niedrigen Frequenzen in der Aufnahme, kann man diese somit einfach entfernen. Ähnlich wie man beim Bild Kontrast und Helligkeit per Schiebereglern anpasst, sollte man auch diese Tools nutzen, um das Klangbild zu optimieren.

Komplexere Programme wie z. B. Adobe Audition bieten in dieser Richtung noch viel mehr Möglichkeiten für eine wirklich optimierte Tonspur. Jedem Videografen kann man nur empfehlen, sich auch hier hineinzufinden, anstatt sich „nur“ auf die Bildqualität zu fokussieren. Ein guter Ton fällt vielleicht nicht so stark auf wie tolle Bilder, aber er trägt mindestens genauso viel zur Atmosphäre des Videos bei.

Eine gute Erklärung zur Synchronisierung der Audiospuren in Premiere Pro findet sich z.B. hier:

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